29.08.2008

Ausführliche Stellungnahme des DIÄTVERBANDes zur Septemberausgabe Stiftung Warentest „Mehr Fett, bitte!“

Bonn – Stiftung Warentest hat in seiner Septemberausgabe das Thema „Fertigmenüs mit Fleisch für Babys ab dem 5. Monat“ aufgegriffen. Wegen zu geringer Gehalte an Fett und Vitamin C sowie der Deklaration „nach dem 4. Monat“ wertet die Zeitschrift die Produkte ab, bewertet sie bestenfalls mit „befriedigend (2,7)“ und fordert im Titel plakativ „Mehr Fett, bitte!“. Maßstab für die Bewertung sind die Empfehlungen des Forschungsinstitutes für Kinderernährung in Dortmund (FKE) für eine vollständige Mahlzeit für die angegebene Altersgruppe.

Die Veröffentlichung des Tests veranlasst den DIÄTVERBAND zu folgenden Hinweisen und Klarstellungen:


Dem Vorgehen von Stiftung Warentest, sich bei der Bewertung des Fettgehaltes über die gesetzlichen Limitierungen bei der Herstellung von Fertigmenüs hinwegzusetzen und die Einhaltung rechtlicher Vorgaben - selbst bei vollständiger Ausschöpfung des Höchstgehaltes - mit einer Abwertung zu belegen, ist entschieden zu widersprechen.
Die empfohlene Fettzufuhr bei Säuglingen im Beikostalter beträgt 35 - 45% der aufgenommenen Energie. Dem stehen allerdings Vorgaben des Gesetzgebers entgegen, die den Fettgehalt für die getesteten Fertigmenüs auf maximal 4,5 g / 100 kcal (entsprechend ca. 40% der Energie) limitieren. In der Herstellpraxis wird der Fettgehalt i.d.R. über den Zusatz von Pflanzenöl eingestellt. Auf diesem Weg werden natürliche Schwankungen der Fettgehalte der Zutaten, darunter ‚Fleisch’, ausgeglichen, ohne Rezepturänderungen vornehmen zu müssen. Üblicherweise muss in der Praxis dabei eine leichte Unterschreitung des rechtlich zulässigen Höchstgehaltes an Gesamtfett angestrebt werden. Eine Bewertung mit „gut“ wäre nach dem Testansatz von Stiftung Warentest demnach nur für Fertigmenüs möglich, die NICHT VERKEHRSFÄHIG sind.


Dem Testansatz, Fertigmenüs anhand eines Vergleichs mit einer selbst zubereiteten theoretischen Mustermahlzeit/Rezeptur des FKE zu beurteilen, kann nicht gefolgt werden, da er zwangsläufig zu nicht vergleichbaren Ergebnissen führt.
Es handelt sich bei der Musterrezeptur des FKE nicht um eine küchenmäßig zubereitete Mahl-zeit, d.h. „gekochte“ Rezeptur, sondern um eine rein theoretische Rezeptur OHNE die „Rezepturkomponente Wasser“, auf die bei der küchenmäßigen Zubereitung nicht verzichtet werden kann. Gemüse und Kartoffeln nehmen beispielsweise erhebliche Wassermengen auf. Die prozentualen Nährstoffanteile einer theoretischen ‚Rezeptur mit Wasser’ und einer ‚Rezeptur ohne Wasser’ unterscheiden sich entsprechend zwangsläufig. Ein zutreffender Vergleich von Fertigmenüs, der zu korrekten Ergebnissen führt, ist aber nur dann möglich, wenn auch die Mustermahlzeit küchenmäßig zubereitet ist.


Der Bedarf an Eisen und Vitamin C wird bei Säuglingen und Kleinkindern im Beikostalter auch über andere Quellen gedeckt.
Der der Gesetzgeber schreibt für die getesteten Fertigmenüs keine Mindestgehalte vor, da sie nur ein Teil einer nach und nach abwechslungsreicheren Babyernährung sind. Der Bedarf an Vitamin C und Eisen wird auch aus anderen Quellen gedeckt. Dazu zählt insbesondere Säuglingsfolgemilch, die nach neueren Studien sogar geeignet ist, einen klinisch relevanten Eisenmangel bei Säuglingen und Kleinkindern auszugleichen. Eine weitere Eisenquelle ist Milchbrei. Vitamin C Lieferant ist Obst und Getreide sorgt für ausreichend Ballaststoffe. Die Ernährungspläne der Babynahrungshersteller berücksichtigen diesen Nährstoffbedarf und gewährleisten diesen über eine abwechslungsreiche Kost für Babys.


Die Beschaffung vergleichbar rückstandsarmer Lebensmittel/Zutaten für die Selbstzubereitung, z.B. durch Gemüse vom Wochenmarkt, ist nach den Erfahrungen des DIÄTVERBANDes in der Praxis nicht möglich.
Die für industriell hergestellte Babymenüs rechtlich verankerten scharfen Grenzwerte für Schadstoffe und Rückstände gelten NICHT für Lebensmittel/Zutaten „des allgemeinen Verzehrs“. Wir nehmen mit Bedauern zu Kenntnis, dass Stiftung Warentest nicht sehr viel deutlicher auf die erheblichen Schwierigkeiten für den Verbraucher hinzuweisen, geeignete rückstandsarme Zutaten für die Selbstzubereitung zu beschaffen. So wird dem Verbraucher suggeriert, dass die Selbstzubereitung zu vergleichbar sicheren und zudem einer ernährungsphysiologisch hochwertigeren Babyernährung führt. Es ist indessen klar und deutlich herauszustellen, dass dies nicht der Fall ist. Die Grenzwerte für Babynahrung sind aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes z.T. um ein vielfaches strenger als für ‚normale’ Lebensmittel.


Der Auffassung von Stiftung Warentest „Säuglingsmilch mit „2“ im Namen ist aus ernährungsphysiologischer Sicht nicht notwendig“, kann nicht gefolgt werden.
Säuglingsmilch mit „2“ im Namen (sog. Folgenahrung) ist die Milchnahrung des 2. Lebenshalbjahrs, wenn das Kind auf feste Nahrung umgestellt wird. Sie ist die optimale Ergänzung zur Beikost, sättigt altersgemäß und passt sich der besseren Verdauungsleistung des Babys an.
Nach neueren Studien ist Säuglingsfolgenahrung sogar bei der Behandlung von Eisenmangel ebenso wirksam wie Eisenpräparate. Mediziner am Auckland’s Starship Kinderkrankenhaus untersuchten die Wirksamkeit von Eisenangereicherter Säuglingsfolgenahrung im Vergleich zu Eisenpräparaten. Die Kinder waren zwischen 9 und 23 Monate alt und befanden sich auf Grund von Infektionen in stationärer Behandlung. Zusätzlich stellten die Ärzte bei den Kindern eine Eisenmangelanämie fest. Die Studie zeigte, dass Eisenmangelanämie mit Eisen-angereicherter Säuglingsfolgenahrung ebenso wirksam behandelt werden konnte wie mit Eisenpräparaten.


Die von Stiftung Warentest vorgenommene undifferenzierte Abwertung der Altersangabe „nach dem 4. Monat“ und Bevorzugung der Angabe „ab dem 5. Monat“ ist sachlich nicht haltbar.
Die von Stiftung Warentest kritisierte Altersangabe „nach dem 4. Monat“ wurde vor Jahren zwischen dem DIÄTVERBAND, der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGKJ) und Behördenvertretern im Wortlaut als geeignete und zweckmäßige Angabe abgestimmt.

Downloas: Pressemitteilung 08/2008

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